Weißdornwunder

„Soll das weg?“, fragte der Bauunternehmer, als wir vor dem Rohbau an der kahlen Hecke standen. Ich hatte keine Ahnung, was für eine Hecke es war. Hasel schien es nicht zu sein. Aber trotzdem: Besser irgendetwas grünes als alles neu zu pflanzen. So viel hatte ich in unserem alten Schrebergarten gelernt. „Lassen Sie’s ruhig stehen.“, antwortete ich.

„Weißdorn“, sagte meine Freundin, die sich besser mit Pflanzen auskannte, als wir dann endlich eingezogen waren. „Hm“, sagte ich, „Dornen, daran stechen sich ja die Kinder.“

„Endlich kommt der Weißdorn weg“, sagte der Nachbar, als ich einen Stamm entfernte, weil der Weg am Fahrradschuppen zu schmal war. „Hm“, sagte ich. „Später.“

Doch der Weißdorn blieb – es gab ja soviel anderes zu tun – und als der Frühling endlich kam – wie immer in Norddeutschland, sehr spät – traute ich meinen Augen kaum: Zuerst wurden die kahlen Äste berauschend grün und dann blühten sie in den schönsten Schattierungen zwischen rosa und weiß. Ich war beeindruckt.

Und heute, drei Jahre später, bin ich sehr froh, dass der Weißdorn noch immer bei uns im Garten steht und blüht. (Das tut er übrigens nur am zweijährigen Holz, musste ich auch erst lernen, also Vorsicht beim Schnitt).

Denn der Weißdorn besticht nicht nur durch seine optischen Vorteile während der Blüte, er ist einfach ein ganz fabelhafter Strauch mit vielen Vorzügen: Die Blätter ergeben beim Färben fantastische Altrosa-Töne, man kann sowohl aus den Blättern als auch aus den Blüten einen wohlschmeckende Tee bereiten (einfach mit Wasser übergießen), der sogar medizinische Wirkung hat (wird bei Kreislaufschwäche und Schwindel verwendet).

Und an den Beeren freuen sich die Vögel im Herbst und Winter.* Auch zum Nisten mögen die Vögel den Weißdorn gern, die Dornen verhindern nämlich, dass Nachbars Katze ihrer Brut zu nahe kommt.

An den Dornen haben sich meine Kinder übrigens noch nicht ein einziges Mal gestochen.

Sollte mich heute jemand fragen, ob der Weißdorn bleiben darf, würde ich sagen: „Wo denken sie hin, der Weißdorn ist einer der besten Sträucher überhaupt.“

*Ganz im Gegensatz zu vielen Sträuchern, die auch gerne für Hecken verwendet werden, aber für die heimische Vogelwelt überhaupt nichts bieten, wie zum Beispiel der von mir innig gehasste Kirschlorbeer oder auch die weit verbreitete Forsythie.

Weißdorn, die harten Fakten:

Crataegus, gehört zur Familie der Rosengewächse – Rosaceae

Ein bis zu 4m hoher Strauch, der in ganz Europa vorkommt und gerne in Hecken verwendet wird.

Standort: Gebüsche, Waldränder, kalkhaltiger Boden bis 900 m

Blüte: von Mai- Juni weiß oder rosa.

Früchte: rote Beeren im September/Oktober.

Weißdorn wird häufig mit Schlehe verwechselt. Bei der Schlehe kommen jedoch erst die Blüten (auch schon sehr viel früher im Frühling), beim Weißdorn erst die Blätter. Außerdem sind die Beeren der Schlehe dunkelblau.

8 Kommentare zu „Weißdornwunder“

  1. Weißdorn ist tatsächlich ein großer Feind der Kleingärtner. Ich hatte mal einen Schrebergarten, der der Kleingartenverordnung unterlag. Da war Weißdorn allen Ernstes ein im Garten verbotenes Gehölz und wäre vom Vorstand sofort abgemahnt worden. Schade eigentlich …

    1. Das ist wirklich sehr schade. Ich kann es auch nicht verstehen. Kirschlorbeer zu verbieten fände ich hingegen recht sinnvoll. Liebe Grüße Kathrin

  2. Liebe Kathrin,
    ich stimme Dir voll und ganz zu! Sowohl, was den Weißdorn anbelangt, als auch was Du zum Kirschlorbeer schreibst! Das Gehölz ist in allen Pflanzenteilen stark giftig, aus diesem Grund wurde es in 2013 zur Giftpflanze des jahres gewählt! Der Genuss der Beeren kann für Kinder tödlich sein!!! Allerdings wissen das Viele nicht! Der Weißdorn dagegen ist eine sehr wichtige Heilpflanze. Seine Inhaltsstoffe wirken gefäßerweiternd, daher verordnet man Weißdorn-Präparate in der Naturheilkunde häufig zur Behandlung von Herzschwäche. Sein botanischer Name ist Crataegus – es gibt ein natürliches Herzmedikament, das ganz ähnlich heißt! Auch für die heimische Tierwelt gibt es kaum ein wertvolleres Gehölz: Die nektarreichen Blüten werden gerne von Bienen und anderen Insekten besucht. Welche Vorteile er für die Vögel bringt hast Du ja bereits erwähnt.
    Alles Liebe
    Heidi

    1. Liebe Heidemarie, vielen Dank für diese wichtigen zusätzlichen Informationen. Du sprichst mir natürlich aus der Seele. Ich freue mich eine Gleichgesinnte gefunden zu haben. Bis bald. Liebe Grüße Kathrin

  3. Dem kann ich mich nur anschließen: ich kann Kirschlorbeerhecken auch überhaupt nicht leiden. Soll die Pflanze doch dahin zurückgehen, wo sie herkommt. Wenn die ersten zarten Blätter vom Weißdorn hervorkommen, freue ich mich immer. Ich glaube, sie sind neben dem Holunder mit die ersten, die austreiben. Kann das sein? Und die Blüten kann man einfach so übergießen? Eine Handvoll? Und das mit dem Färben wußte ich auch noch nicht. Vielen Dank für die interessanten Infos. Schön, daß er bei dir wachsen darf 🙂

    1. Danke dir, liebe Almuth. Weissdorn treibt in der Tat früh aus, aber dieses Jahr war der Holunder schneller. Die Blueten und Zweiglein kann man einfach übergießen, ich mag den Tee sehr gerne. Und zum Färben war es wirklich eine Freude. Ach, wenn es doch nur endlich Frühling wär. Liebe Grüße Kathrin

  4. Pingback: Färbepflanzen vor der Haustür: der Weißdorn • Waldweg. In der Natur zuhause

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